Politik muss Rahmenbedingungen auf den Prüfstand stellen

Kurreck-Rechenschaftsbericht

Landwirte in MV wollen Versorgung der Bevölkerung absichern


Eine Agrarpolitik, die Ernährungssicherheit und Klimaschutz gleichermaßen im Auge hat und den Landwirtschaftsbetrieben in Mecklenburg-Vorpommern, Deutschland und Europa ein wirtschaftliches Auskommen ermöglicht – dieser Gedanke bestimmte heute fast alle Wortmeldungen auf dem Bauerntag des Bauernverbandes Mecklenburg-Vorpommern. 96 Delegierte der insgesamt 15 Regionalverbände waren zu der Veranstaltung nach Linstow gekommen, um aktuelle Fragen der Verbandsarbeit zu besprechen und gemeinsame Positionen zu agrarpolitischen Fragen zu finden.


„Wir treffen uns in einer Situation, die Landwirte in Deutschland so noch nie erlebt haben“, begrüßte Bauernpräsident Detlef Kurreck die Delegierten und Gäste.  „Wir sind krisenerprobt. Aber jetzt machen wir die bittere Erfahrung eines Krieges.“

Der Bauernpräsident dankte allen Bauernfamilien, die uneigennützig mit Hilfsgütern in die Kriegsregion fahren, mit Menschen zurückkommen und ihnen eine Bleibe geben. Dieses beherzte Handeln stelle einmal mehr unter Beweis: Landwirte sind Macher, die ohne viele Worte, Großes auf die Beine stellen können. Es sei Zeit, dass sich auch die Politik auf die Stärken der deutschen Bauern besinne.


Bereits heute ist absehbar, dass dieser Krieg massive negative Folgen für die Welternährungslage haben wird – vor allem in Nordafrika, dem mittleren Osten und in Asien, sagte Detlef Kurreck. Neben dem Klimawandel und dem Erhalt der Biodiversität rücke deshalb die Ernährungs- und Versorgungssicherheit in Deutschland und in der Europäischen Union wieder stärker in den Fokus.

„Mehr noch: Als großer Getreideexporteur hat die EU eine globale Mitverantwortung für die weltweite Versorgung der Menschen mit Nahrungsmitteln.“ Es sei jetzt an der Zeit, die Ausgestaltung der zukünftigen Agrarpolitik auf den Prüfstand zu stellen, sagte der Bauernpräsident. Dabei gehe es nicht darum, Dinge über Bord zu werfen. „Was uns gestern wichtig war, ist auch morgen noch wichtig. Aber wir müssen unsere Prioritäten prüfen.“


Der Bauernverband Mecklenburg-Vorpommern unterstütze dabei die Forderung des Deutschen Bauernverbandes, Ernährungssicherung und Klimaschutz im Grundgesetz zu verankern.


Aktuell sind die landwirtschaftlichen Betriebe wie auch alle anderen Glieder der Lebensmittelkette mit massiven Kostensteigerungen insbesondere in den Bereichen Energie, Kraftstoff, Düngemittel und Logistik konfrontiert. Wenn diese Kosten nicht innerhalb der Vermarktungskette weitergegeben werden können, droht vielen Landwirtschaftsbetrieben das Aus. Parallel dazu stehen den Verbrauchern in den kommenden Monaten Preissprünge bei Lebensmitteln in bisher ungekanntem Ausmaß bevor. Zusammen mit Heizung, Strom und Treibstoffen ergibt sich eine Inflationswelle mit erheblichen sozialen Belastungen. Die Landwirte im Nordosten fordern deshalb dringend, dass Deutschland und die Europäische Union kurz- und langfristige Maßnahmen zur Sicherung der Nahrungsmittelversorgung und zur Kostendämpfung auf den Weg bringen.

„Natürlich erwarten wir, dass die GAP-Reform 2023 hinsichtlich der Auswirkungen auf die künftige Ernährungssicherheit in Europa und der Welt gecheckt wird“, machte Detlef Kurreck klar.

An erster Stelle gehören aus Sicht des Bauernverbandes Mecklenburg-Vorpommern die Regelungen für nichtproduktive Flächen (GLÖZ 8) und für den Fruchtwechsel (GLÖZ 7) auf den Prüfstand. Auch der GAP-Strategieplan Deutschlands ist kritisch zu hinterfragen. Denn die nationale Umsetzung geht in den genannten Punkten übermäßig über den EU-Rahmen hinaus. Die geplanten Eco Schemes bezeichnete der Bauernpräsident in weiten Teilen als wirtschaftlich unattraktiv.


Um die kommenden Ernten zu sichern, gelte es auch die Verfügbarkeit von Düngemitteln und notwendigen Pflanzenschutzmitteln sicherzustellen.  Zudem müsse in Zeiten, in denen Dünger knapp ist, besonders effizient gehandelt werden.

„Pauschale Düngebeschränkungen sind dabei wenig hilfreich“, sagte Detlef Kurreck und schlug für die Roten Gebiete eine einzelbetriebliche Düngebilanzierung vor. „Betriebe, die nachweislich ordnungsgemäß und gewässerschonend arbeiten, dürfen nicht unter den pauschalen Beschränkungen leiden.“

Es ist die Aufgabe der Landwirtinnen und Landwirte für Versorgungssicherheit zu sorgen, machte Bauernpräsident Detlef Kurreck klar. Das gilt traditionell für Lebensmittel, künftig aber auch immer mehr für Energie und Verarbeitungsrohstoffe.

„Diese Herausforderung nehmen wir gern an. Allerdings legen die politischen Rahmenbedingungen den Landwirtschaftsbetrieben immer wieder Steine in den Weg.“


Die Corona-Pandemie und der Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest ließ den ohnehin geringen Tierbestand weiter sinken.  Mit 717 200 Tieren ist der Schweinebestand in Mecklenburg-Vorpommern auf dem niedrigsten Stand seit 30 Jahren. Aktuell gibt es nur noch rund 170 Schweinehalter im Land. Und deren Motivation sinkt täglich, weil sie sich einer extremen Stimmungsmache ausgesetzt fühlen und den politischen Rückhalt vermissen. Jahrelanges Warten auf Baugenehmigungen für neue Ställe oder die monatelange Hängepartie bei den Coronabeihilfen für Schweinehalter sind nur zwei Beispiele dafür.
Für die Milchviehhalter sind verbindliche Milchlieferverträge existenziell. Der Bauernverband fordert hier schon seit längerem eine verpflichtende, vor allem aber zeitgemäße Vertragsgestaltung zwischen Milcherzeugern und Molkereien. Ohne entsprechende Neuregelungen werden in Mecklenburg-Vorpommern immer mehr Milchviehställe leer stehen.

„Nutztiere sind fester Bestandteil einer ordentlichen Kreislaufwirtschaft“, betonte Bauernpräsident Detlef Kurreck.

Sie liefern nicht nur wertvolle Nährstoffe für den Ackerbau und tragen zum Erhalt der Bodenfruchtbarkeit bei, ihre Gülle dient in Biogasanlagen auch zur Energieerzeugung. Das muss Politikern bewusst sein, wenn sie Rahmenbedingungen für die Landwirtschaft festlegen.

Eine absolute Hängepartie ist aus Sicht des Bauernverbandes Mecklenburg-Vorpommern das Ringen um die Düngelandesverordnung. Die zum Teil unklare Ausweisung der nitratbelasteten Gebiete erschwert ein fachgerechtes Düngemanagement und schmälert Qualität und Ertrag der angebauten Kulturen.  Die Ankündigung des Landwirtschaftsministeriums, künftig 50 Prozent der Flächen in Mecklenburg-Vorpommern als rote Gebiete auszuweisen, habe bei den Landwirtinnen und Landwirten zu einem weiteren Vertrauensverlust in die Politik geführt.

Die Liste der ungelösten Aufgaben im Land sei lang und reiche vom Wolfsmanagement über die Umsetzung der Biberverordnung bis hin zum noch nicht vorliegenden Katalog der Agrarumweltmaßnahmen im Land, kritisierte Kurreck.  Bei vielen Themen spiele die Politik auf Zeit. Doch viele Landwirtschaftsbetriebe haben keine Zeit mehr. Sie benötigen schnelle und vor allem praktikable Lösungen. 

„Jedem Blühstreifen, jeder Stallmodernisierung, jeder Fruchtfolgen-Planung, jeder ökologischen Grünlandbewirtschaftung und jedem Lerchenfenster liegt eine betriebswirtschaftliche Analyse zu Grunde“, machte der Bauernpräsident deutlich. „Nur wirtschaftliche gesunde Betriebe haben das Potenzial, den von der Gesellschaft geforderten Wandel in der Landwirtschaft zu meistern.“


Der Forderungskatalog des Bauernverbandes MV ist im Download-Bereich des Beitrages zu finden.

 

 

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