Landwirte sehen Wiedervernässung als Chance für Pioniere

@ Stefanie Lanin

Staue und Wehre unbedingt instand setzen

Schon heute könnte in Mecklenburg-Vorpommern mehr Klimaschutz je Hektar erreicht werden, wenn das Wasser stärker in der Fläche gehalten würde. Zu dieser Einschätzung kommt Dr. Manfred Leberecht, Vizepräsident des Bauernverbandes MV, nach einer gemeinsamen Sitzung der Fachausschüsse Umwelt und Pflanzenproduktion im Bauernverband MV, zu der auch Expertinnen des Greifswalder Moor Centrums eingeladen waren.
„Die Staue und Wehre im Land müssen als erster und unerlässlicher Schritt instandgesetzt werden“, verdeutlicht er. „Wir haben einen historisch trockenen Mai hinter uns. Wenn wir die Wasserstände dort, wo es jetzt schon geht, regulieren, können wir viele CO2-Emissionen einsparen – schneller, wirkungsvoller und realistischer als beim großen Traum der umfassenden Wiedervernässung.“
Es gebe in vielen Betrieben im Niedermoor Teilflächen, die bei intakten Stauen und Wehren bis zu 10 oder 30 Zentimeter unter Flur vernässt werden könnten. Das spiegele auch das große Interesse der Landwirte an der Agrarumwelt- und Klimamaßnahme „Moorschonende Stauhaltung“ wider. Wie die Prüfung der Anträge und die jüngst veröffentlichten Erkenntnisse zu nicht ausreichend nassem Moor im Trebeltal zeigen, sei die Wiedervernässung jedoch hochkomplex.
„Es sind viel zu viele Fragen ungeklärt“, so Dr. Manfred Leberecht. Es entstehe ein Kampf ums Wasser. „Deshalb sollten wir unbedingt zuerst die bereits vorhandenen Strukturen ertüchtigen, um das Wasser zu halten.“
Die Landwirtinnen und Landwirte in MV sind bereit, die Wiedervernässung der Moore im Land als Chance zu diskutieren, wie in der gemeinsamen Fachausschusssitzung deutlich wurde. Allerdings müssten Grenzen und Konfliktpunkte offen benannt und gemeinsam Lösungen gefunden werden. An allererster Stelle müsse ein klares Bekenntnis zur Tierhaltung im Land stehen.
„Es darf keinen Bestandsabbau in der Tierhaltung als Zielstellung des Klimaschutzgesetzes geben. Nur so kann die Biomasse, die nicht für die menschliche Ernährung geeignet ist, verwertet werden“, benannte der Vizepräsident eine notwendige Voraussetzung.
Die bisher in der Öffentlichkeit benannten Ziele, die Rinder bis zu 25 Prozent und Schweine sogar bis 30 Prozent zu reduzieren, seien in einem Land wie Mecklenburg-Vorpommern mit dem bundesweit geringsten Viehbesatz von unter 0,4 Prozent nicht zielführend. „Klimaschutz kann nur gelingen, wenn wir auch die Versorgung unserer Bevölkerung mit in Betracht ziehen“, brachte es Dr. Manfred Leberecht auf den Punkt. Auch das „Henne-Ei-Problem“ mit Rohstoffen aus der Paludi-Kultur verlange nach einer klaren Lösung. Bislang gibt es keine tragfähigen Vertriebs- und Produktionsketten, so dass der Landwirtschaft ein verlässlicher und rentabler Absatzmarkt fehle. Auf der anderen Seite baut die Industrie solche Ketten nicht auf, ohne dass es Rohstoffe in ausreichender Menge gibt. Um den ersten Schritt als Pioniere zu gehen, brauchen Landwirte attraktive Anreize und Sicherheit in Form langfristiger Verträge und Rahmenbedingungen. Es sei nicht das erste Mal, dass der Branche lukrative neue Geschäftszweige angepriesen wurden. „Ob Faserleinen, Dämm-Stroh oder Verpackung aus Kartoffelstärke – nie hielten die Versprechen der Realität stand. Die Skepsis einiger Kollegen basiert auf langjährigen Erfahrungen“, beschreibt der Vizepräsident. In diesem Rahmen müsse auch über andere Formen der Vertragsverhältnisse nachgedacht werden, wie Marco Gemballa, Vorsitzender des Fachausschusses Pflanzenproduktion, hinzufügte.
„Ein reines Ablieferungssystem wie bei der Milchviehhaltung können wir uns hier nicht leisten. Wir müssen Integrationsmodelle finden, aus denen alle an der Wertschöpfung beteiligten Akteure ihre Rendite schöpfen können.“
Essentiell sei außerdem, dass die Flächen in ihrer Wertigkeit für künftige Generationen erhalten werden. Die Wiedervernässung sei ebenso wie die Entwässerung der Moore damals eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Flächeneigentümer und Pächter dürfen mit den Kosten und Folgen nicht allein gelassen werden. Darüber hinaus brauchen die Landwirtinnen und Landwirte die rechtlich verbriefte Gewissheit, dass durch den Anbau von Paludikulturen oder moorschonende Stauhaltung keine neuen Biotope entstehen, die eine weitere Bewirtschaftung unmöglich machen. Des Weiteren sollten bei der Auswahl der Flächen zur Wiedervernässung grundsätzlich Flächen, auf denen Futter für Nutztiere in MV wächst, ausgespart werden. Es brauche eine Moor- und Landnutzungsstrategie, die die Viehhaltung in ihrer Wertschöpfung nicht außen vorlasse.
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