Landwirte fordern mehr Miteinander, statt praxisferner Verbotspolitik

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S. Selig

Politik des „Von-Oben-Herab“ untergräbt erfolgreiche Kooperationen von Landwirtschaft, Umwelt- und Naturschutz

Viel Frustration sowie Enttäuschung in die Bundespolitik erzeugte das von Bundesministerin Julia Klöckner (BMEL) und Bundesministerin Svenja Schulze (BMU) Anfang September vorgestellte Agrarpaket zur Umschichtung, zum Aktionsprogramm Insektenschutz und zum neuen Tierwohllabel unter den Landwirten in Mecklenburg-Vorpommern.     
Heute anlässlich der Agrarministerkonferenz in Mainz betont der Berufsstand daher erneut den Wunsch auf mehr Zusammenarbeit und Austausch zwischen Bundesministerien und Berufsstand, statt einer vorgesetzten Verbotspolitik. 

„Für die Landwirte ist das beschlossene Agrarpaket ein Schlag ins Gesicht. In den vergangenen Jahren hat der Berufsstand mit der Politik einen erfolgreichen Kooperationsnaturschutz aufgebaut – mit verpflichtenden und freiwilligen Maßnahmen. Werden diese Anstrengungen der Landwirte nun von den Bundesministerinnen völlig in Frage gestellt?“, fragt sich Hauptgeschäftsführer Dr. Martin Piehl angesichts der Gesetzesentwürfe aus dem Bundeslandwirtschafts- und Bundesumweltministerium.

Die Landwirte in Mecklenburg-Vorpommern erbringen bereits jetzt auf fast 400.000 Hektar Ackerfläche Leistungen für die Umwelt, die Artenvielfalt und den Insektenschutz. Das Engagement reicht vom Anbau vielfältiger Kulturen (141.000 Hektar) über das Anlegen von Blühflächen und –streifen (7.800 Hektar) bis hin zur ökologischen Bewirtschaftung von rund 170.000 Hektar im Land. „Wenn dieser Weg auch künftig fortgesetzt werden soll, braucht es tragfähige Finanzierungskonzepte und nicht die Androhung von Strafen“, erklärt der Hauptgeschäftsführer.

Der Weg der Bundesregierung ist aus Sicht des Bauernverbandes weit weg von dem, was Landwirte unter guter fachlicher Praxis verstehen. Piehl betont:

„Wir wissen, dass wir eine Balance zwischen Ökologie, Ökonomie und sozialer Verantwortung als Berufsstand erhalten müssen. Doch die ökonomischen Auswirkungen und damit die Umsetzbarkeit des Agrarpakets durch die Landwirtschaftsbetriebe hat in Berlin offensichtlich niemand durchgerechnet. Es darf nicht sein, dass dafür die Landwirte die Zeche bezahlen“.

Im schlimmsten Fall wären in MV geschätzt rund 700.000 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche von den Verboten des Pflanzenschutzmitteleinsatzes betroffen. Auf diesen Flächen würde es zu unmittelbaren Produktivitätsverlusten und einem dauerhaften Wertverlust des Landes in jeglicher Eigentumsform kommen“, so Piehl.

Sowohl auf dem Bauerntag am 13. September in Mühlengeez als auch in einem Schreiben an die Bundestags- und Landtagsabgeordneten aus Mecklenburg-Vorpommern übte Bauernpräsident Detlef Kurreck im Namen des Verbandes und seiner Berufskollegen bereits scharfe Kritik. Auf dem Bauerntag übergab er zudem eine Unkrauthacke an den Minister für Landwirtschaft und Umwelt des Landes, Dr. Till Backhaus mit der Bitte, diese an Bundesumweltministerin Svenja Schulze zu überreichen. „Wir hoffen, dass es die Hacke bereits ins Bundesumweltministerium geschafft hat und Landwirtschaftsminister Backhaus unsere Botschaften aus Mecklenburg-Vorpommern an seine Parteikollegin übermitteln konnte“, sagt Piehl mit Blick auf die zurückliegenden Diskussionen beim Bauerntag.

In Bezug auf das vorgeschlagene Tierwohllabel erklärt Hauptgeschäftsführer Dr. Martin Piehl: „Es scheint deutlich sinnvoller, das erfolgreiche Label der Initiative Tierwohl, ein Zusammenschluss der Landwirtschaft, Fleischwirtschaft und des Lebensmitteleinzelhandels, weiter voranzutreiben.“ Problematisch ist für den Verbandsvertreter zudem, dass an der tatsächlichen landwirtschaftlichen Praxis vorbei entschieden wird.  
 
„Insgesamt verstärkt sich für uns der Eindruck, dass in weiten Teilen der Politik nicht verstanden wird, unter welchem Druck unsere landwirtschaftlichen Betriebe stehen. Diese Politik des Von-Oben-Herab untergräbt die vor Ort anzufindenden, guten Kooperationen von Landwirtschaft und Umwelt- und Naturschutz.“, so Piehl.


„Hätten die Bundesministerinnen den Berufsstand tatsächlich vor ihrer Veröffentlichung in den Prozess einbezogen, hätten sie viel Frust aber vor allem Sorgen und Existenzängste der Landwirte verhindern oder zumindest minimieren können. Dieser Alleingang und die geplante Verbotspolitik sind in meinen Augen ein Alleinlassen der Landwirtschaft mit gesamtgesellschaftlichen Problemen“, ärgert sich der Hauptgeschäftsführer.


„Wir wissen, dass es Veränderungen hin zu mehr Tierwohl und Insektenschutz geben muss und wir sind bereit, praxistaugliche, zukunftsfähige Wege dafür zu gehen, aber dieses Paket ist für die Landwirte kaum zu verdauen“, bekräftigt Piehl abschließend.