Bund will letzte Ackerflächen des Ostens verschleudern
Gemeinsame Pressemitteilung: Die Präsidenten der ostdeutschen Bauernverbände fordern eine Kursänderung der Bundesregierung beim Umgang mit BVVG-Flächen
Die in Treuhandverwaltung des Bundes verbliebenen landwirtschaftlichen Nutzflächen der DDR – die so genannten BVVG-Flächen – bleiben weiterhin ein politischer Spielball. Für das Jahr 2024 plant die Bodenverwertungs- und Verwaltungs GmbH (BVVG) im Auftrag der Bundesregierung, von 89.000 Hektar landwirtschaftliche Fläche (Stand 1.1.2024) in den ostdeutschen Ländern noch 17.800 Hektar an das Nationale Naturerbe zu übertragen. Die Präsidenten der ostdeutschen Bauernverbände kritisieren in einer Stellungnahme an den Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir und den Bundesfinanzminister Christian Lindner, dass auf diese Weise weitere landwirtschaftliche Nutzfläche aus der Produktion genommen und der ohnehin schon enge Bodenmarkt weiter verknappt würde. In dem Schreiben formulieren sie:
„Als Repräsentanten des landwirtschaftlichen Berufsstandes in den ostdeutschen Bundesländern stellen wir fest, dass Sie mit diesem Verfahren das letzte Vermögen Ostdeutschlands verschleudern.“
Sie fordern zudem, den seit Beginn 2022 ausgerufenen Verkaufsstopp der BVVG-Flächen aufzuheben. Stattdessen sollte die Privatisierung regional verankerter Betrieb endlich fortgesetzt und die Flächenverwaltung durch den Bund beendet werden. Dies schulde die Bundesregierung den ostdeutschen Bürgerinnen und Bürgern, deren Willen bereits 1990 im Treuhandgesetz niedergeschrieben wurde: Privatisierung zugunsten regional verankerter Landwirtschaftsbetriebe. Nicht nur, dass Flächen nicht mehr veräußert werden sollen, vielmehr verschafft sich der Staat außerdem selbst einfachere Zugriffsmöglichkeiten auf BVVG-Flächen ohne Rücksicht auf die Agrarstrtuktur, indem er sich Kaufrechte für Infrastruktur, Ersatz- und Ausgleichsmaßnahmen sowie Energieerzeugung vorbehält.
Weiterhin bedarf es einer Kursänderung der Bundesregierung bei der Verpachtung bzw. der Veräußerung der Grundstücke. Die BVVG soll nach Willen der Ministerien ab dem 1. April 2024 die Verpachtung der Flächen an novellierte „Nachhaltigkeitskriterien“ knüpfen, die einen Großteil der landwirtschaftlichen Betriebe diskriminieren. Um diese Kriterien zu erfüllen, müssten pachtinteressierte Betriebe Zertifikate einreichen, die weitere Bürokratie mit sich bringen und teuer sind, führen die ostdeutschen Bauernverbände aus. Diese Kriterien wären für einen weiteren Verkauf selbstverständlich ungeeignet.
„Wir sehen hier die Gefahr, dass Ihre Häuser den Landerwerb von der BVVG von der finanziellen Wirtschaftskraft abhängig machen. Entweder können Betriebe über umfängliche Gestaltung Ihrer Betriebe Zuschläge erhalten, was jedoch erhebliche Beratungskosten erfordert, oder die Betriebe lösen sich von der ökonomischen Nachhaltigkeit, um die formulierten Kriterien ausschließlich über Fördermittel zu finanzieren“, heißt es in dem Schreiben.
Die vom Bund aufgestellten Nachhaltigkeitskriterien für die Verpachtung der Landesflächen bewerten nach einem Punktesystem u.a. Vernässungsbereitschaft, Bewirtschaftungsart oder unterschiedliche Zertifizierungen. Eine überproportional große Punktzahl erhalten Existenzgründer. Der bisherige Pächter wird mit Bonuspunkten nur bedacht, wenn er auf weniger als 500 Hektar bewirtschaftet.
Für die ostdeutschen Betriebe, die aus historischen Gründen größere Flächen im Betrieb haben, ist dieser Katalog ein Affront. Es konterkariert Innovation im Betrieb und die Weiterentwicklung der regionalen Landwirtschaft. Abschließend forderten die ostdeutschen Landesbauernverbände das Bundesfinanz- (BMF) sowie das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) auf, hausintern die Zweckentfremdung der ostdeutschen Flächen aufzuarbeiten und die historischen sowie kulturellen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte stärker in den Fokus zu rücken.
Die Nachhaltigkeitskriterien der BVVG sollten voraussichtlich ab dem 1.4.2024 in Kraft treten. Die ostdeutschen Verbände erhielten jedoch noch einmal die Möglichkeit, zu den Plänen von BMEL und BMF Stellung zu nehmen.