Bauernpräsident: „Ein wichtiger Teil der Wirtschaftskraft von MV steht auf dem Spiel“
Landwirte in ganz Deutschland werden am kommenden Dienstag in Berlin gegen das Agrarpaket der Bundesregierung demonstrieren. Der Bauernverband Mecklenburg-Vorpommern und die Bewegung "Land schafft Verbindung – MV" haben die Landwirte in der Region aufgerufen, sich an diesen Protesten zu beteiligen.
„Das von der Bundesregierung vorgelegte Agrarpaket gefährdet nicht nur unsere landwirtschaftlichen Betriebe, sondern ist auch eine Gefahr für die Lebensmittelproduktion und den Erhalt unserer ländlichen Räume“,
begründet Detlef Kurrek, Präsident des Bauernverbandes Mecklenburg-Vorpommern, den Unmut der Landwirte. Derzeit sind in Mecklenburg-Vorpommern knapp 25 000 Menschen in der Landwirtschaft beschäftigt. Was viele nicht wissen: An jedem Arbeitsplatz in der Landwirtschaft hängen bis zu sieben weitere Arbeitsplätze in vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereichen.
„Für ein Agrarland wie Mecklenburg-Vorpommern heißt das: die Wirtschaftskraft des Bundeslandes steht auf dem Spiel, wenn der Landwirtschaft der Hahn zugedreht wird“,
so Kurreck.
Aus diesem Grund beobachten auch Unternehmen in den vor- und nachgelagerten Bereichen der Landwirtschaft das aktuelle politische Geschehen sehr aufmerksam und unterstützen die Landwirte bei ihren Protesten.
„Eine effektive und intensive Landwirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern ist die Voraussetzung für den wirtschaftlichen Erfolg unserer Unternehmen“,
betont Andreas Hammler, Geschäftsführer der Power Oil GmbH in Rostock. Das Unternehmen ist eine der größten Ölmühlen in Deutschland. Wie sich eine veränderte Gesetzgebung in der Landwirtschaft auf ein Unternehmen auswirken kann, habe Power Oil bereits in den vergangenen zwei Jahren gespürt. Nach dem Verbot der Rapsbeize, haben viele Landwirte ihre Fruchtfolgen geändert. Das Ergebnis: Allein in diesem Jahr hat sich in Mecklenburg-Vorpommern die Anbaufläche für Winterraps im Vergleich zum Vorjahr um 14 Prozent verringert.
"Das heißt: Bei Power Oil wird weniger Raps aus MV verarbeitet. Stattdessen muss das Unternehmen den Rohstoff für seine Produkte rund um den Globus einkaufen – und per Schiff nach Rostock holen",
sagt Henry Kämpf, ebenfalls Geschäftsführer bei der Power Oil GmbH.
Zukunft miteinander gestalten
Kooperationen statt Verbote – so lautet eine Forderung des Bauernverbandes. Wie so etwas in der Praxis funktionieren kann, zeigt das F.R.A.N.Z.-Projekt – ein Gemeinschaftsprojekt von Bauernverband und der Umweltstiftung Michael Otto. Seit drei Jahren arbeiten hier Landwirte und Wissenschaftler zusammen, um herauszufinden, welche Maßnahmen in der landwirtschaftlichen Praxis zu mehr Biodiversität auf den Äckern führen. Landwirt Marco Gemballa von der Agrargesellschaft am Landgraben Zinzow ist an dem Projekt beteiligt. Auf insgesamt 44 Hektar werden in diesem Jahr in dem Betrieb verschiedenste Biodiversitätsmaßnahmen durchgeführt. Erste Erfolge konnten verzeichnet werden.
„So haben sich wieder Vögel angesiedelt, die in der Gegend bereits verschwunden waren“,
berichtet Gemballa. Von zehn Arten, die für eine intakte Natur stehen, konnten acht wieder beobachtet werden, darunter Braunkehlchen, Kiebitze und Grauammern. Auf rund 1000 Euro pro Hektar beziffert Gemballa die Kosten für die zusätzlichen Umweltmaßnahmen. Dieser Aufwand wird jetzt aus Forschungsgeldern getragen, die im Projekt zur Verfügung stehen.
„Es ist für unseren Betrieb schon wichtig, dass wir durch die Versuche ökonomisch nicht schlechter gestellt werden“,
stellt er klar. Für die Zukunft könne er sich vorstellen, dass Blühstreifen und unbewirtschaftete Flächen auch aus Geldern finanziert werden, die aus Ausgleichsmaßnahmen etwa für den Straßenbau kommen.
„Ich bin davon überzeugt, dass sich aus einem so praxisnahen Miteinander von Landwirten und Wissenschaftlern ganz konkrete und wissenschaftlich begründete Handlungsempfehlungen für alle Betriebe in unserer Region ergeben werden“,
sagt Bauernpräsident Detlef Kurreck.
„Wir brauchen keinen Insektenschutz nach bestem Wissen und Gewissen, sondern auf Maßnahmen, die auf wissenschaftlichen Untersuchungen basieren.“
Dialog mit Bundestagsabgeordneten
Ob der Bundestag dem Agrarpaket zustimmen wird, liegt auch in der Hand der Abgeordneten aus Mecklenburg-Vorpommern. Die Initiative „Land schafft Verbindung - MV“ hat deshalb in den vergangenen Tagen das Gespräch mit den Bundestagsabgeordneten aller Parteien in MV gesucht und ihnen einen Korb mit Lebensmitteln aus MV überreicht. Für den 4. Dezember wurden die Politiker in den Landwirtschaftsbetrieb Kühling nach Zemmin eingeladen.
„Dort wollen wir uns alle an einen Tisch setzen und über die Zukunft in der Landwirtschaft sprechen“,
kündigt Dr. Kathrin Naumann, Sprecherin von „Land schafft Verbindung MV“ an.