Bauern fordern Platz für Innovationen statt Fesseln

@Bettina Schipke
Landesbauerntag auf der MeLa in Mühlengeez Wie viel Verantwortung trägt Mecklenburg-Vorpommern für den Hunger in der Welt? Wollen Verbraucher wirklich Schweinefleisch aus Spanien? Wie viele Formulare sollen Landwirte noch ausfüllen, während sie eigentlich Lebensmittel produzieren wollen? Und wo bleibt die Wertschätzung für die harte Arbeit, die im Agrarantrag per Definition mit „Stütze“ abgewertet wird? Auf dem Landesbauerntag im Rahmen der 32. MeLa in Mühlengeez diskutierten rund 440 Landwirtinnen und Landwirte zahlreiche kontroverse Themen mit den Podiumsgästen. Unter dem Titel „Alles auf Neustart – Evolution oder Revolution der europäischen Agrarpolitik?“ hatte der Bauernverband MV zur Diskussion ins Festzelt der 32. Fachausstellung für Landwirtschaft, Ernährung und ländliche Perspektiven eingeladen. Auf dem Podium stellten sich Claudia Müller, parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, Norbert Lins, Vorsitzender des Agrarausschusses im Europa-Parlament, Dr. Till Backhaus, Minister für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt sowie Bauernpräsident Detlef Kurreck unter der Moderation von Dietrich Holler den zahlreichen Fragen des Publikums.   Neue strengere Auflagen zum Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und gleichzeitig eine Ernährungssicherung über eine nachhaltige Intensivierung – „wie soll das zusammengehen?“, fragte beispielsweise Katrin Naumann vom Agrarbetrieb Groß Grenz. Staatssekretärin Claudia Müller räumte ein, dass es eine Präzisierung der sensiblen Gebiete Entwurf zum Sustainable Use Regulation (SUR) geben müsse, ebenso wie Ausnahmen im Gemüse-, Obst- und Weinbau sowie bei der Vermehrung von Saat- und Pflanzgut. Michael Drews, Landwirt aus Nordwestmecklenburg, sprach die unzureichende Vergütung von Umweltleistungen deutlich an.  
„Wir müssen 1000 Euro für Bienenweide-Saatgut ausgeben und bekommen nur 700 Euro zurück“, rechnete er vor.
Auch Bauernpräsident Detlef Kurreck hatte die Diskussion bereits mit dieser Kritik gestartet und bekam Rückenwind von Claudia Müller: Das Versprechen, dass Landwirte mit Umweltleistungen Geld verdienen können, sei nicht eingelöst worden. „Das muss mit Blick auf die nächste Förderperiode umgesetzt werden. Diese Leistungen müssen honoriert werden“, so die Staatssekretärin. Marco Gemballa aus Vorpommern monierte, dass Landwirtinnen und Landwirte in MV derzeit noch mehr Bürokratie bewältigen müssen, um die eingesetzte Künstliche Intelligenz zur Kontrolle des Agrarantrages zu korrigieren.
„Ich bitte um deutlich mehr Demut. Wir haben andere Sachen zu tun, als die Unzulänglichkeiten der Agrarkontrollen auszugleichen.“
Über das konfliktreiche Wirtschaften auf wiedervernässten Mooren sprachen Claus-Dieter Tobaben und Hans-Albrecht Witte mit den Podiumsgästen und fokussierten damit ebenso wie Dirk Andresen das Thema Tierhaltung.
„Wir stehen in der Sauenhaltung kurz vor dem Kollaps“, warnte der Landwirt aus der Mecklenburgischen Seenplatte.
„Es wird in MV keinen weiteren Abbau der Tierhaltung geben“, sagte Landwirtschaftsminister Till Backhaus. „Wir brauchen die Tierhaltung für die Kreislaufwirtschaft – das gilt auch für die Vegetarier“, so Claudia Müller. Dennoch stehe die Weiterentwicklung zu einer nachhaltigeren Landwirtschaft klar auf dem Plan, machte Norbert Lins deutlich. „Wollen das Zeitfenster nutzen, dass sich jetzt geöffnet hat – von der Konfrontation zur Kooperation. Wir wollen keinen Neustart, aber eine klare Korrektur.“ In MV haben Landwirtinnen und Landwirte einen Bildungsgrad, der weltweit einmalig ist, so Bauernpräsident Detlef Kurreck. „Jeder ist ein Meister seines Faches, ein Meister, ein Agraringenieur – wir sind eine der leistungsstärksten Branchen, dürfen dieses Know-how aber nicht abrufen.
„Wir sind wie ein Athlet, der in Fesseln gelegt wird – von bürokratischen Vorgaben und politischen Regeln.“ Die Branche brauche zur Lösung der großen Probleme nicht noch mehr Verbote, Vorgaben und Regeln. „Wir brauchen innovative Kräfte. Dann können wir alles schaffen.“
Der Bauernpräsident verkündete abschließend, dass er beim nächsten Bauerntag am 22. März sein Amt an die nächste tatkräftige Generation übergeben möchte. Dann werden die Delegierten des Bauernverbandes Mecklenburg-Vorpommern einen neuen Vorstand wählen.
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