Biogetreide-Erzeugung in MV – Erfolgsfaktoren und produktionstechnische Maßnahmen

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Netzwerk ökologischer Landbau - A. Bilau

Das „Netzwerk Ökologischer Landbau Mecklenburg-Vorpommern“ arbeitet seit über einem Jahr in vier Teilnetzwerken mit Landwirten, Gastronomen und Gärtnern zusammen, um im gemeinsamen Gespräch Probleme zu benennen und Lösungswege aufzuzeigen. Das Teilnetzwerk Ackerbau unter Leitung des Ökorings im Norden e. V. hat sich besonders  den Problemen in der Getreideproduktion zugewandt und mit 16 langjährig nach den Richtlinien des ökologischen Landbaues wirtschaftenden Betrieben Schwachstellen analysiert.
Derzeit hinkt die Erzeugung von Bio-Getreide in Deutschland der Nachfrage nach Futter- und Brotgetreide hinterher. Während die Tierbestände steigen und die Erzeugung von Biomilch zunimmt, bewegt sich der Bio-Getreideanbau auf einem vergleichsweise geringen Niveau. Hohe Importe und steigende inländische Futtergetreidepreise sind die Folge. Diese Situation hat einerseits bundesweit eine deutlich erhöhte Nachfrage nach Umstellungsberatungen auf Ackerbaubetrieben ausgelöst, andererseits stellt sich die Frage wie die Getreideerträge erhöht werden können. 

Getreideerträge sind zu gering

Die Analyse der Betriebsdaten ergab, dass im Mittel aller Druschkulturen, überwiegend Getreide, ein Ertrag von 30 dt/ha erreicht wurde, etwa 5 dt/ha unter dem Biogetreideertrag in Deutschland. Dieser geringe Ertrag verblüffte besonders die teilnehmenden Landwirte selbst, die in einer ersten Auswertungsveranstaltung im Dezember 2017 auf Gut Dalwitz die Ergebnisse diskutierten. Das Ziel, etwa 50 % des konventionellen Ertrages zu erreichen, liegt, zumindest in Mecklenburg-Vorpommern, in weiter Ferne. Die teilnehmenden Betriebe bewirtschafteten im Durchschnitt 370 ha Ackerfläche, wobei 70 % Druschfrüchte angebaut wurden. Den überwiegenden Anteil der Restfläche nahm das Kleegras ein. 

Erfolgsfaktoren

Die weitere Erhebung nach einer vorgegebenen Checkliste wies als wichtigsten Erfolgsfaktor die Stickstoffbereitstellung für den Marktfruchtbau aus. Weder die Unkrautbekämpfung noch die Bestellqualität beim Getreide wurde als betriebliche Erfolgssenke benannt. 
Die wichtigsten drei erfolgsmindernden Faktoren waren:
1)    die unzureichende Qualität der Kleegrasbestände inkl. der mineralischen Düngung
2)    das komplizierte Stickstoffmanagement nach Kleegrasumbruch für den Getreideanbau
3)    die nicht befriedigende N-Effizienz beim Einsatz der organischen Dünger

Kleegras ist der Motor des Systems
Die trockenen meist sandigen Standorte weisen während der Wachstumsperiode oft geringe N-Gehalte im Boden auf. Daher ist die Stickstoffversorgung über den Boden in Mecklenburg-Vorpommern nicht sehr ergiebig. Besonders unter diesen Bedingungen gewinnt das Kleegras in der Fruchtfolge an Bedeutung und bildet die Basis und den Motor des Gesamtsystems. Ein gutes Kleegras reinigt den Acker von Samen- und Wurzelunkräutern und ist Grundlage für die Stickstoffversorgung (Bild 1). In den Untersuchungen war aber die schlechte oder unzureichende Kleegrasqualität (Bild 2) der am häufigsten als Erfolgssenke zu benennende Faktor. Gute Kleegrasbestände zeichnen sich durch einen Leguminosenanteil von über 50 % aus. Diesbezügliche Unterschiede sind in der Praxis immens und erklären einen großen Teil der Erfolgsunterschiede im Öko-Getreidebau. Ein leistungsfähiges Kleegras, mit vitalen Leguminosen, liefert mehr und besseres Futter und hat einen entsprechend der Stickstoffaufwuchsleistung höheren Vorfruchtwert. Um dieses Ziel zu erreichen sind betriebs- und standortangepasste Maßnahmen erforderlich.


Anpassung I - Besseres Kleegras

Faktor 1: Die Ansaatmethode
Die in den Betrieben dominierende Blanksaat in der 2. Augusthälfte nach Getreide lässt sich am einfachsten in den Betriebsablauf integrieren, führt aber nicht immer zu leistungsfähigen Leguminosenbeständen. In Frage kommen verschiedene Verfahren (Blanksaaten im Frühjahr oder im Sommer bis Anfang September, Untersaaten im Getreide zur Körner- oder Grünernte), die in Abhängigkeit von Standort, Witterungsverlauf und Arbeitsspitzen für das Fruchtfolgesystem gewählt werden und ggf. angepasst und kombiniert werden können. 

Faktor 2: Die Saatmischung
Hier ist vor allem ein ausreichend hoher Anteil Leguminosen (mind. 40-50%) vorwiegend Rotklee entscheidend. Weiterhin sollten Leguminosenarten, Mischungsverhältnis und Sorten an den Standort angepasst werden.

Faktor 3: Düngung
Die mineralische Ergänzungsdüngung innerhalb der gesamten Fruchtfolge sollte zu den Leguminosen erfolgen, Kalk und Phosphor auch schon ein Jahr vor der Kleegrasansaat. Eine Kali- und Schwefeldüngung zu Kleegras in jedem Hauptnutzungsjahr ist ebenfalls notwendig.

Anpassung II - Anbau von Sommergetreide nach Kleegras 

Sämtliche Böden, die zum Winterausgang einen Kleegrasumbruch zulassen, fordern bei milden, feuchten Wintern den Folgeanbau von Sommergetreide (Februar über Frost eine Furche ca. 18 cm tief, 6 Wochen rotten lassen, Ende März/Anfang April bestellen, Bild 3).

Anpassung III - Anbau früher Winterungen Mitte September als 2. Kultur 

Ein 2-jähriges Kleegras, das im Frühjahr umgebrochen wurde, liefert effektiv zur Sommerung den Stickstoff, kommt aber im Frühherbst durch einsetzende Herbstfeuchte bei noch milden Temperaturen schon mit einem weiteren Schub. Dieser kann mit einem frühen Wintergetreide bei Bestellung zwischen dem 10. und 15. September aufgefangen werden. Wird der verfügbare Stickstoff effektiv ins Getreide überführt, so gibt es trotz der frühen Saat weniger Beikrautprobleme. Ein vollständiger Feldaufgang erfordert die Saat in einen frischen Boden. Festmist wird am besten verwertet, wenn er zur frühen Winterung im Sommer oder zu Sommerungen im Frühjahr, vier Wochen vor der Saat flach eingearbeitet, vorrotten kann.

Anpassung IV - Stickstoffhaltiger Dünger „ins Wachstum“ der Winterung

Steht dem Betrieb aus dem eigenen Kreislauf oder aus einer überbetrieblichen Kooperation flüssiger Dünger zur Verfügung, so gehört dieser „ins Wachstum“ der Winterung  (Bild 4). Wird Winterweizen oder Dinkel im zeitigen Frühjahr gedüngt, so düngt man auch das Unkraut. Die Ausnutzungsrate ist besser, wenn man bei bedecktem Wetter ab der zweiten Aprildekade fährt. Die frühen Winterungen dürfen schon Ende März Gülle oder Gärrest bekommen. Sie sind dann schon „im Wachstum“.


Fazit:

Für überregional konkurrenzfähige Getreideerträge ist es nahezu unabdingbar, die Leistung des „Motors“ Kleegras verzweigt ins folgende Getreide zu übertragen: zum einen über den direkten Vorfruchtwert und zum anderen über ein Recycling des genutzten Aufwuchses (als Rindermist, Gülle, Gärrest oder als Direkttransfer „Cut and Carry“).
Für die Arbeitsgruppe „Ackerbau“ des „Netzwerkes ökologischer Landbau MV“ geht es nun darum, die erarbeiteten Erkenntnisse zu bestätigen und einzelbetrieblich die genannten Faktoren genauer zu betrachten. Weiterhin werden von der Arbeitsgruppe weitere Arbeitsfelder in punkto Gesamtproduktivität des Ackerbaus identifiziert, die im Projekt zum Öko-Ackerbau in Mecklenburg-Vorpommern bearbeitet werden:   
- Verbesserung des Körnerleguminosenanbaus
- Einführung von (Weißklee-) Untersaaten als Gründüngung
- Einführung von Winterleguminosenzwischenfrüchten
- Organisation von effektiven Betriebskooperationen wie z.B. Getreide gegen HTK
- Testung eines Direkttranfers des 3. Kleegras-Aufwuchses auf Nehmerflächen 
- Anbau von Ölfrüchten 

Weitere Informationen finden Sie unter: http://www.landwirtschaft-mv.de/Landesforschungsanstalt/Netzwerkprojekte/Oekolandbau/

Autoren: Arne Bilau, Gustav Alvermann, Nicolai Pack und Hans-Georg Haas, Netzwerk Ökologischer Landbau Mecklenburg-Vorpommern
 

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