Landwirtschaftstag der Volksbanken Raiffeisenbanken:

Bauern fordern faire Rahmenbedingungen und klare Leitplanken
Am Mittwoch fand in Linstow der alljährliche Landwirtschaftstag der Volksbanken Raiffeisenbanken statt. Rund 300 Landwirtinnen und Landwirte aus allen Teilen Mecklenburg-Vorpommerns waren in das Van der Valk Resort gekommen. Unter dem Motto „Landwirtschaft der Zukunft“ diskutierte Moderator Dietrich Holler mit hochkarätigen Agrarexperten und -politikern.
Carsten Stegelmann, Landwirt aus Sassen-Trantow, hat klare Forderungen an die Politik: Bürokratieabbau, Zukunftssicherheit bei den Zahlungen durch die EU und einen wirtschaftlich tragbaren Umweltschutz. Mit Blick auf die Bauernproteste im vergangenen Jahr sagte er: „Wir Landwirtinnen und Landwirte haben eine hohe Belastbarkeit. Wir haben aber auch gesehen, dass diese Belastbarkeit an Grenzen stößt“. Bauernpräsident Karsten Trunk pflichtete ihm bei: „Die Landwirtschaft benötigt klare Leitplanken. Wir können hinsichtlich der Umweltauflagen in MV keine weitere Bürokratie gebrauchen.“ Digitalisierungsprozesse in der Landwirtschaft müssten stets auch mit sinnvollen Einsparungen verbunden sein, so Trunk. „Nicht nur die Bauern, die gesamte Wirtschaft steht mit dem Rücken an der Wand. Die Rezession sollte uns zu denken geben“, kommentierte der Bauernpräsident die derzeitige ökonomische und politische Lage.
Backhaus: „Erste Säule der GAP muss Einkommensausgleich bleiben.“ Die Blicke sind nun nach Berlin gerichtet – auch bei Landwirtschaftsminister Dr. Till Backhaus (SPD). „Das war ein Wahlergebnis mit Ansage, das wir sehr, sehr ernstnehmen müssen“, sagte Backhaus über den Ausgang der Bundestagswahl, die ihm zufolge ein „Weckruf“ war. „Die Erwartung der Menschen ist, dass wir ganz schnell zu einer handlungsfähigen Regierung kommen.“ Vom SPD-Fraktionsvorsitzenden Lars Klingbeil werde er in den laufenden politischen Prozess eingebunden. Backhaus hofft auf eine erfolgreiche Regierungsbildung von CDU und SPD: „Ein Zweierbündnis wäre gut, damit wir wissen, wo wir hinkommen und wo wir hinmüssen – das gilt gerade mit Blick auf die Entwicklung in den Vereinigten Staaten.“ Die künftige Politik müsse auf „ideologiebasierte Punkte“ verzichten, da sich die Abwanderungsbewegung der Industrie sonst verstärken könnte. Hinsichtlich der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union betonte Backhaus die große Bedeutung der ersten Säule für die Bauern im Land. „Die erste Säule muss ein Einkommensausgleich bleiben, damit die Wirtschaftlichkeit gegeben ist und wir Landwirtschaft weiterhin in der Fläche betreiben können.“ Zweifellos sei das Säulensystem sinnvoll – zugleich benötige man jedoch eine klare Richtung über die Entwicklung ab 2028. „Wir müssen aufpassen, dass der ländliche Raum nicht unter die Räder kommt“, so Backhaus. Der Agrarsektor dürfe gegenüber anderen Politikfeldern wie der Verteidigungspolitik nicht vernachlässigt werden. Junge Menschen frühzeitig für Landwirtschaft begeistern
Auch die Themen Arbeitsmarkt und Fachkräftemangel standen in Linstow auf der Agenda. Personalberater Birger Haase erläuterte in seinem Kurzvortrag, wie landwirtschaftliche Betriebe von Teamwork und guter Mitarbeiterführung profitieren können. In der anschließenden Diskussion betonte Landwirt Carsten Stegelmann, dass man junge Menschen schon frühzeitig für die Landwirtschaft begeistern müsse – und diese Begeisterung müsse vom Betriebsleiter ausgehen. „Ich habe eine Verantwortung gegenüber der nächsten Generation“, so Stegelmann. Prof. Dr. Rainer Langosch, Dekan des Fachbereichs Agrarwirtschaft und Lebensmittelwissenschaften an der Hochschule Neubrandenburg, ergänzte: „Wir müssen auch die Leute begeistern, die noch gar nicht auf dem Betrieb sind.“ Nicht nur das Gehalt sei ausschlaggebend, um Nachwuchs und Fachkräfte zu gewinnen – ein ebenso wichtiger Faktor sei Anerkennung und Vertrauen. Bauernpräsident Karsten Trunk bewertete insbesondere die Entwicklung bei der Geschlechterparität in der Landwirtschaft positiv: „Die jungen Frauen packen längst mit an, das sehen wir auch an den Hochschulen.“
Chancen durch Carbon Management und Carbon Farming Arne Stecher von der Blunk GmbH stellte die Möglichkeiten des Zertifikatehandels vor. Für Landwirtinnen und Landwirte gebe es nach wie vor gute Ertragschancen, jedoch sei Flexibilität bei der Vermarktung gefragt. In der darauffolgenden Diskussion bezeichnete Landwirtschaftsminister Backhaus das Carbon Farming als „Riesenchance“, denn unabhängig von den politischen Verhältnissen werde man den Weg der Dekarbonisierung weitergehen müssen. Es gebe bereits zahlreiche „tolle Projekte, die nicht nur dem Umwelt- und Klimaschutz, sondern auch dem Image der Landwirtschaft zuträglich“ seien. Als Beispiel nannte er das Konzept der Landesregierung zum Schutz und zur Nutzung der Moore. Christoph Metzner vom Deutschen Raiffeisenverband warf ein: „Wir brauchen politische Unterstützung, um diese innovativen Projekte umsetzen zu können. Ich brauche als Landwirt eine rechtssichere Genehmigungsfiktion oder eine Stichtagsregelung.“
Marktanalyst Steffen Bach gab einen Ausblick auf die Preisentwicklungen bei Agrarprodukten. Beim Weizen sieht Bach noch „Luft nach oben“ und die Möglichkeit zu Preisen im Bereich von 240 Euro. Beim Raps gebe es aufgrund der Unsicherheit durch die Wahl Trumps jedoch eine Seitwärtstendenz. Wer jetzt noch Ernte habe, sollte diese seiner Einschätzung nach verkaufen, für künftige Ernten könne ein Verkauf von Teilmengen sinnvoll sein. Ein Seitwärtsniveau sieht Bach ebenso bei den Milchpreisen – das hohe Niveau, das den Milchbauern im vergangenen Jahr gute Erträge bescherte, könne demnach gehalten werden.
In der Schlussrunde des Landwirtschaftstages bekräftigte Bauernpräsident Karsten Trunk seine Forderungen an die Politik: Die Abschaffung der Stromstoffbilanz und das Festhalten an der Agrardieselregelung seien wichtig, um Landwirtinnen und Landwirten gute und faire Rahmenbedingungen zu bieten. Landwirtschaftsminister Backhaus sagte, dass man sich von der Stromstoffbilanz definitiv verabschieden werde. Darüber hinaus versprach der Minister, „alles daran zu setzen, das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz abzuschaffen“. Chris Wallbaum, Sprecher der Volksbanken Raiffeisenbanken in Mecklenburg-Vorpommern, zog ein positives Fazit des diesjährigen Landwirtschaftstages: „Der Tag hat gezeigt, dass unsere Landwirtinnen und Landwirte motiviert sind und bereit, anzupacken – man muss ihnen aber auch den Raum dafür geben. Wir brauchen mehr soziale Marktwirtschaft und weniger Ideologie.“
