Landwirtschaft stärken – Zukunft für ländliche Räume sichern

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@Stefanie Lanin
Auf Deutschlands Straßen und Fernsehbildschirmen tobt der Wahlkampf für die bevorstehende Bundestagswahl. Zwischen Debatte und Polemik gerät hier oftmals der drängende Handlungsbedarf in wichtigen Politikfeldern aus dem Blick. Der Bauernverband Mecklenburg-Vorpommern hat deshalb heute im Rahmen seiner Jahresauftaktpressekonferenz über seine zentralen Forderungen an die zukünftige Bundesregierung, aber auch an die Politik in Schwerin und Brüssel gesprochen. 

 

Im Vorfeld der Bundestagswahl 2025 fordern die Landwirte eine entschlossene Kehrtwende in der Agrarpolitik, um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Landwirtschaftsbetriebe zu sichern, den Bürokratieabbau voranzutreiben und die Wertschätzung der Land- und Forstwirtschaft als Grundpfeiler der deutschen Gesellschaft zu fördern.

„Die letzten Jahre waren geprägt von einem massiven Verlust der Wettbewerbsfähigkeit unserer Landwirtschaft. Nationale Sonderregelungen und Überregulierungen haben uns im europäischen Markt schwer geschwächt“, erklärt Karsten Trunk, Präsident des Bauernverbandes Mecklenburg-Vorpommern.

„Wir benötigen endlich ein umfassendes Programm, das nicht nur den Agrarsektor entlastet, sondern auch die wirtschaftliche Zukunft der ländlichen Räume sichert.“

Zu den Kernforderungen zählen:

  • Ein schlüssiges Entbürokratisierungsprogramm: „Unsere Betriebe werden von unnötigen Kontrollen und Meldepflichten erdrückt. Es ist an der Zeit, den Landwirten wieder mehr Eigenverantwortung zuzutrauen“, so Trunk.
  • Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit im europäischen Binnenmarkt: „Wir fordern praktikable Regelungen und die Abschaffung von nationalen Alleingängen, die uns benachteiligen“, betont der Präsident.
  • Förderung einer nachhaltigen und tierwohlgerechten Landwirtschaft: „Die Verbraucher wünschen sich mehr Tierwohl – aber ohne die notwendige politische und finanzielle Unterstützung können wir diese Erwartungen nicht erfüllen.“

Bauernpräsident Trunk mahnte auch eine verstärkte Unterstützung für junge Unternehmerinnen und Unternehmer in der Landwirtschaft an:

„Die Zukunft unserer ländlichen Räume hängt von der nächsten Generation ab. Deshalb müssen wir ihnen Perspektiven bieten und dafür sorgen, dass sich Engagement wieder lohnt.“

Der Verband fordert zudem eine stärkere Anerkennung der Leistungen der Land- und Forstwirtschaft im Klimaschutz. „Die Landwirte in Mecklenburg-Vorpommern leisten bereits heute Enormes“, betont Bauernpräsident Trunk.

„Auf mehr als 500 000 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche erbrachten die Landwirte im vergangenen Jahr Ökoleistungen für die Umwelt, die Artenvielfalt und den Insektenschutz.“ Wenn dieser Weg des Vertragsnaturschutzes künftig fortgesetzt werden soll, brauche es tragfähige und langfristige Finanzierungskonzepte und nicht immer mehr Gesetze, Regelungen und Strafen.

Biogas als tragende Säule der Energiewende etablieren

Die Landwirtschaft könne zur Lösung vieler gesellschaftlicher Herausforderungen beitragen, sagt Bauerpräsident Trunk und verweist auf die Erzeugung Erneuerbarer Energien. Landwirte betreiben in Mecklenburg-Vorpommern aktuell rund 540 Biogasanlagen mit einer Leistung von über 400 MW. Doch durch die 2025 auslaufende Förderung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz und das deutlich zu geringe Ausschreibungsvolumen der Bundesnetzagentur steht etwa die Hälfte der Betreiber von Biogasanlagen in Mecklenburg-Vorpommern an einem Scheideweg.

Für Tim Schmüser, Vorsitzender des Bauernverbandes Ludwigslust, ist diese Situation unerträglich. „Hier gibt es nur Verlierer“, ist er überzeugt.  Mit der Abschaltung von Biogasanlagen gehen nicht nur bewährte, nachhaltige Energielieferanten vom Netz, die auch ohne Sonne und Wind zuverlässig Wärme und Strom liefern können. Das Aus der Biogasanlagen dürfte außerdem viele Landwirtschaftsbetriebe in wirtschaftliche Bedrängnis bringen. „Bei uns im Landkreis Ludwigslust-Parchim haben wir überwiegend leichte Böden. Auf denen wächst kein Weizen. Hier ist Mais eine wichtige Anbaukultur“, erklärt Tim Schmüser. „In der Biogasanlage werden Mais, Festmist und Gülle zu Wärme und Strom veredelt. Wird die Biogasanlage stillgelegt, bricht dem Betrieb ein wirtschaftliches Standbein weg. Im schlimmsten Fall gehen auch Arbeitsplätze im ländlichen Raum verloren.“  Darüber hinaus würden viele Biogasanlagen, die heute noch Energie liefern, über Nacht zu Wirtschaftsruinen. Von der drohenden Stilllegungswelle wären nicht nur die Biogasanlagenbetreiber selbst, sondern auch viele Hausbesitzer betroffen, die an Wärmenetze angeschlossen sind, die von Biogasanlagen betrieben werden. „Ohne schnelle, gezielte Maßnahmen laufen wir Gefahr, die regionalen Strukturen und Arbeitsplätze zu verlieren“, warnt Tim Schmüser. Mecklenburg-Vorpommern habe die Chance, Vorreiter in Sachen Biogas zu sein und seine Potenziale auszubauen.

 

Entwurf des Landeswassergesetzes muss überarbeitet werden

Handlungsbedarf sieht der Verband auch beim neuen Landeswassergesetz, dessen Entwurf seit einigen Wochen auf dem Tisch liegt. „Ein Landeswassergesetz in Form des vorliegenden Entwurfes ist eine existenzielle Belastung für den gesamten ländlichen Raum“, sagt Bauernpräsident Karsten Trunk. Er verlagere Kosten und Aufgaben, berge Rechtsunsicherheiten und schaffe unnötige Bürokratie, wie ein breiter Zusammenschluss von Verbänden in einem gemeinsamen Positionspapier deutlich gemacht hat. Die Landwirte würden zudem überproportional mit den Kosten für die Gewässerunterhaltung und den Hochwasserschutz belastet werden, es drohen Flächenverlust und starke Einschränkungen der Flächennutzung. „Das ist ein massiver Eingriff in unsere Arbeit und die wirtschaftliche Stabilität unserer Betriebe“, so Karsten Trunk. Der Bauernverband MV fordere daher Anpassungen bei der Gewässereinteilung, der Landnutzung auf Gewässerrandstreifen, den Wasserentnahmegebühren und der Gewässerunterhaltung sowie eine Beteiligung der Landwirtschaft an den Entscheidungsprozessen.

Kein Brotgetreide aus Roten Gebieten

Mehr Fachlichkeit und Realitätsnähe mahnt Bauernpräsident Karsten Trunk bei Regelungen zum Umgang mit Dünger und Pflanzenschutzmitteln an. Seit Februar 2023 dürfen die Landwirte in Mecklenburg-Vorpommern auf 429.218 Hektar (32,03 Prozent) der Landwirtschaftsfläche nur noch eingeschränkt düngen. Das Ministerium hatte diese Restriktionen damals mit erhöhten Nitratwerte an 165 von insgesamt 824 Grundwassermessstellen und Rohrwasserbrunnen im Land begründet. Während Juristen noch immer prüfen, ob die geltende Ausweisung der Roten Gebiete fachlich korrekt erfolgt ist, müssen die Landwirte bereits jetzt mit den Folgen klarkommen. Bei der diesjährigen Getreideernte haben sie vielerorts zwar einen guten Ertrag einfahren können, allerdings hat die Qualität der Körner – insbesondere beim Weizen – enttäuscht. Denn im Labor stellte sich heraus, dass die begehrte Brotweizen-Qualität, bei dem das Korn einen Proteingehalt von mehr als 12 Prozent aufweisen muss, oftmals nicht erreicht wurde und der Weizen nur zu einem geringeren Preis als Futtergetreide gehandelt werden konnte. Der Bauernverband Mecklenburg-Vorpommern sieht diesen Trend als Folge der verschärften Düngeverordnung im Land.

 

„Zukunftsprogramm Pflanzenschutz“ ignoriert fachliche Grundsätze

Durch extreme Witterungsbedingungen wurden die Landwirte im vergangenen Jahr zudem verstärkt mit Pflanzenkrankheiten und Schädlingsbefall in den einzelnen Kulturen konfrontiert.  „Zur Bekämpfung der Krankheiten stehen uns jedoch immer weniger geeignete Mittel zur Verfügung“, stellt Bauernpräsident Trunk fest. Wohin das führen kann, zeige ein Blick nach Süddeutschland, wo sich seit einiger Zeit die Schilf-Glasflügelzikade nahezu ungehindert in den Zuckerrübenbeständen ausbreiten konnte. Das Insekt ist nicht mal einen Zentimeter groß und überträgt die bisher kaum erforschte Krankheit Stolbur. Zuckerrüben werden dadurch zu Gummirüben, die nicht lagerfähig und nur schwer zu verarbeiten sind.

„Landwirte kombinieren in Fällen von Krankheiten oder Schädlingsbefall nach guter fachlicher Praxis verschiedene Maßnahmen, von denen der chemische Pflanzenschutz nur ein Baustein ist. Wir setzen so viel wie nötig, aber so wenig wie möglich ein“, erläutert Karsten Trunk. Eine breite Palette an Wirkstoffen sei dabei unbedingt notwendig, um Resistenzen zu vermeiden und den Mitteleinsatz zu reduzieren. Das von der Ampelregierung geplante „Zukunftsprogramm Pflanzenschutz“ ignoriere diese fachlichen Grundsätze. „Es gefährdet damit massiv den Anbau von Weizen und Raps in unserem Land“, sagt der Präsident und verweist auf die EU, die die Problematik erkannt und die geplante Verordnung zur nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln (SUR) zurückgezogen hat.

Versprechen zum Bürokratieabbau ernst nehmen

Neben allen agrarpolitischen „Baustellen“ beklagen die Landwirte in Mecklenburg-Vorpommern jedoch vor allem eins:  die überbordende Bürokratie. „Da gibt es unverständliche Formulare und umfangreiche Dokumentationspflichten, schlechte Angebote zur digitalen Datenerfassung und zeitaufwändige Kontrollen. Dazu die ständige Angst, etwas falsch zu machen“, bringt Tim Schmüser die Wut seiner Kolleginnen und Kollegen auf den Punkt.

Bessere Pacht-Konditionen für Betriebe mit Nutztierhaltung

An der Belastungsgrenze sind auch die tierhaltenden Betriebe in Mecklenburg-Vorpommern. Mit Blick auf die im vergangenen Jahr vorgelegte Nutztierstrategie MV 2030 verlangen sie eine ehrgeizige und transparente Umsetzung. Ein zentraler Punkt dabei wäre die Verpachtung von Landesflächen an Betriebe mit Nutztierhaltung für mindestens 12 Jahre. Dies sei ein notwendiger Schritt, um Planungssicherheit und Investitionsschutz für Nutztierhalter zu gewährleisten, so Bauernpräsident Trunk.  Der Bauernverband Mecklenburg-Vorpommern appelliere an die Landesregierung und den Bund, die politischen Versprechen zum Bürokratieabbau ernst zu nehmen und praxistaugliche Lösungen für die Nutztierhalter zu schaffen.

„Wir brauchen keine weiteren Belastungen, sondern konkrete Maßnahmen, um die Nutztierhaltung in Mecklenburg-Vorpommern langfristig zu sichern," betont Karsten Trunk.

Ansprechpartner Referat
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Bettina Schipke Pressesprecherin
Ansprechpartner Presse
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Stefanie Lanin Pressesprecherin 0395 4309228