Kinder mit allen Sinnen für Landwirtschaft begeistern

Arbeitskreis Unternehmerinnen
Mit den Händen in der Erde wühlen, Kartoffeln in genau der richtige Tiefe pflanzen und dann Pommes essen – für Kinder führt der Weg in die Landwirtschaft direkt übers Fühlen, Riechen und Schmecken. Das haben die Referentinnen beim jüngsten Netzwerktreffen des Arbeitskreises Unternehmerinnen vom Bauernverband MV in Grapzow deutlich gemacht. Mehr als zwanzig Teilnehmerinnen waren auf das Landgut Grapzow bei Altentreptow im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte gekommen, um sich darüber auszutauschen, wie Kinder bei Hofbesuchen am besten für die Landwirtschaft zu begeistern seien.
Maxi Weinreich, Vorsitzende des Arbeitskreises Unternehmerinnen und Geschäftsführerin auf dem Landgut Grapzow, lädt seit einigen Jahren Schulklassen auf den Kartoffelacker ein und berichtete von ihren Erfahrungen. Eine gute Mischung aus Theorie, wie zum Beispiel der Beschriftung der Kartoffelpflanze, und Praxis auf dem Feld habe sich bewährt, so die Landwirtin. Die Grundschüler lernen auf dem Acker die große Technik kennen und pflanzen dann selbst „im Kleinen“ eigene Kartoffeln, messen die Tiefe aus, markieren die Stelle mit einem Stäbchen und kommen im Herbst zum Ernten wieder. „Viele Kinder sind richtig erstaunt, wie aus dieser einen Kartoffel dann bis zu zwölf Knollen werden konnten“, berichtete Maxi Weinreich. Das Erlebnis, selbst zu pflanzen, zu ernten und dann auch zu essen, begeistere die Kinder.
„Und jeder nimmt etwas mit: Und wenn es das Gefühl ist, zum ersten Mal mit Gummistiefeln im Matsch gesteckt zu haben.“
Die Ansprache aller Sinne betonte auch Thale Meyer, Projektkoordinatorin des Netzwerks Lernort Bauernhof bei der i.m.a. Sie gab per Videoschalte einen Überblick über die zahlreichen Plattformen und Materialsammlungen, die die Landwirtinnen bei der pädagogischen Arbeit auf den Höfen unterstützen kann, und erzählte von ihrem Ansatz. Sie lasse die Kinder Schubkarre fahren, das fördere grobmotorische Kompetenzen. „Sie können in der Erde graben und Regenwürmer finden, von der Kuh abgeleckt werden und sehen und spüren, wie lang und rau diese Zunge ist. Sie können das Heu fühlen oder durch Pusten die Spreu vom Weizen trennen“, beschrieb Thale Meyer.
„Können geht über den Körper. Wenn wir Landwirtschaft so aufbereiten, verstehen die Menschen ganz viel.“
Die Vorstellung, wo und wie unsere Lebensmittel hergestellt werden, werde noch immer von zwei Bildern bestimmt: „Die misshandelten Tiere in der Massentierhaltung auf der einen und die romantisierte, idyllische Landwirtschaft auf der anderen Seite“, so Thale Meyer. Ziel der pädagogischen Arbeit sei auch, da Klarheit hineinzubringen.
„Es gibt nicht schwarz und weiß, sondern viele Zwischentöne. Landwirtschaft ist vielfältig“, formulierte die Biologin und Bauernhofpädagogin eine Kernbotschaft.
Genau dort setzte auch Ines van den Berg-Redepenning an, die in Mecklenburg-Vorpommern die Ausbildung zur Bauernhofpädagogin durchlaufen hat und im Rahmen des EU-Schulprogramms hunderte Kinder durch Betriebe führte. Dabei hat die Landwirtin zahlreiche Erfahrungen gesammelt, die sie als wertvolle Tipps an die Teilnehmerinnen des Arbeitskreises Unternehmerinnen weitergeben konnte: So lässt sie die Kinder zum Beispiel Wechselkleidung anziehen – „die darf ruhig zu groß von Mitarbeitern sein und hochgekrempelt werden“. Auch sie plädiert fürs Sehen, Fühlen, Schmecken und lädt die Kinder dazu ein, das Euter einer Kuh anzufassen, die warme Milch und den Sog am Melkgerät zu spüren und dann nachzuverfolgen, wie die Milch nach dem Melken gekühlt wird. Sehr anschaulich sei auch der direkte Bezug zum Kind – so frisst eine Milchkuh pro Tag beispielsweise ungefähr das Gewicht, das auch ein Grundschüler hat.
Die Höfe für Besucher zu öffnen, koste jedoch Zeit und Geld und brauche Wissen und Kompetenz, machte Ines van den Berg-Redepenning deutlich. Tendenziell hätten eher die Schulbauernhöfe und Nebenerwerbsbetriebe die Ressourcen dafür. Deshalb sei es umso wichtiger, dass auch klassische Betriebe im Land ihre Tore öffnen und die praktische Landwirtschaft der Branche zeigen.
„Wir sind die Schnittstelle zwischen den Produzenten und den Verbrauchern“, so die Bauernhofpädagogin.
