Festlegung zur Eiweißfütterung im Ökolandbau

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In der Fachinformation Nr. 06/2022 zum Ökologischen Landbau in M-V teilt das Ministerium für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt M-V (LM) folgende Regelung bezüglich der Fütterung von Eiweißfuttermitteln an adulte Schweine (über 35 kg) und adultes Geflügel (ab 18. Lebenswochen) mit: 

 

Festlegung des Ministeriums für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt M-V (LM) zum Umgang mit erheblichen Marktstörungen beim Import von Bio-Eiweißfuttermitteln aus der Ukraine aufgrund der militärischen Intervention der Russischen Föderation 

Wegen der sehr schwierigen Versorgungslage, der notwendigen tierartspezifischen Grundversorgung mit Eiweißfuttermitteln, dem besonderen hohen Stellenwert des Tierwohls im ökologischen Landbau sowie dem nunmehr vorliegenden Entwurf eines delegierten Rechtsaktes durch die Europäische Kommission (KOM)  legte das LM auf der Basis einer förmlichen Festlegung für das Land M-V aufgrund der Eilbedürftigkeit am 06.04.2022 fest, dass bei der Herstellung von Futtermitteln auch für adultes Geflügel und adulte Schweine in ökologischen Betrieben bis zu max. 5 % konventionelle Eiweißfuttermittel, bezogen auf die Trockenmasse der Futtermittel landwirtschaftlichen Ursprungs, eingesetzt werden können. Die Verfütterung von bis zu max. 5 % konventionellen Eiweißfuttermitteln, je nach Versorgungslage, in der Futterration von adultem Geflügel und adulten Schweinen, bezogen auf die Trockenmasse der Futtermittel landwirtschaftlichen Ursprungs, wird bei Öko-Betrieben in M-V vorbehaltlich der erwarteten Regelung der KOM geduldet und nicht beanstandet.

Mit dieser Festlegung können Bio-Mischfutterhersteller, die Mischfutter für Geflügel und Schweine für Biobetriebe in M-V herstellen, von dieser Regelung grundsätzlich Gebrauch machen, wenn sie eine belastbare Defiziterklärung eingereicht haben, mit der sie nachweisen, dass bei ihnen aktuell eine Versorgungslücke mit Öko-Eiweißfuttermitteln besteht, die nicht durch Lieferanten gedeckt werden kann. Nach unverzüglicher Prüfung erhalten die Bio-Mischfutterhersteller durch die zuständige Behörde für ökologischen Landbau M-V, das Landesamt für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Fischerei M-V (LALLF) ein Bestätigungsschreiben. Dieses Mischfutter darf ab dem 11.04.2022 an Öko-Landwirtschaftsbetriebe in M-V mit Geflügel- und Schweinehaltung geliefert werden. Eine Lieferung der Futtermittel in andere Bundesländer erfolgt nach Information/Abstimmung mit den jeweils zuständigen Länderbehörden auf der Basis des u.g. Beschlusses der Länderarbeitsgemeinschaft Ökologischer Landbau.

 

Weitere Hinweise:

Die o.g. Festlegung gilt vorbehaltlich weiterer Regelungen oder einer anderslautenden Entscheidung der KOM oder des BMEL und ist bis zum 31.12.2022 befristet. Die Festlegung kann jederzeit durch das Land M-V, vertreten durch das LM aufgehoben werden.

Die Vorgaben zur Deklaration von Futtermitteln nach dem Öko- sowie Futtermittelrecht sind einzuhalten und werden bei Inanspruchnahme der Ausnahmeregelung mit dem zusätzlichen Hinweis versehen: „Die Beimischung von max. 5 % nichtökologischer/nichtbiologischer  Eiweißfuttermittel für adulte Schweine und adultes Geflügel wird aufgrund einer Festlegung vom Ministerium für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern vorbehaltlich weiterer Regelungen der Europäischen Kommission oder des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft, aufgrund des Krieges in der Ukraine und zur Sicherung des Tierwohls bei der ökologischen/biologischen Tierhaltung, nicht beanstandet.“

Die Nichtverfügbarkeit von ökologischen/biologischen Eiweißfuttermitteln ist dem LALLF durch die Bio-Mischfutterhersteller monatlich zum Ende eines jeden Monats mittels einer belastbaren Defiziterklärung nachzuweisen.

Landwirtschaftliche Unternehmer, die diese Regelung in Anspruch nehmen, müssen Nachweise über die Inanspruchnahme aufbewahren (mindestens Dauer, Art und Menge des eingesetzten nichtökologischen Eiweißfuttermittels sowie betroffene Tierart). Aufgrund der umfangreichen Vorschriften zur Dokumentation in der VO (EU) 2018/848 (u.a. Anhang II Teil II Nr. 1.4.4) ist davon auszugehen, dass den Unternehmern dadurch kein erheblicher Mehraufwand entsteht.

Die Ausnahmeregelung gilt ausschließlich im Anwendungsbereich des EU-Bio-Rechts. Abweichende Regelungen zum Verbands-Bio sind in Absprache mit oder durch die jeweiligen Verbände zu treffen.

 

Hintergrundinformation:

Aufgrund der seit dem 24.02.2022 andauernden militärischen Intervention der Russischen Föderation in der Ukraine ist die Sicherstellung der Versorgung von Monogastriern (Geflügel, Schweine) mit ökologischen/biologischen Eiweißfuttermitteln in Deutschland, damitauch im Land M-V erheblich gestört. Rückmeldungen bzw. Anfragen von Bio-Mischfutterherstellern verweisen auf eine erforderliche Ausnahmeregelung von bis zu 15 % konventionellen Eiweißfuttermitteln, bezogen auf die Trockenmasse der Futtermittel landwirtschaftlichen Ursprungs. Auswertungen in Traces (Erfassungssystem für Importe aus Drittländern) belegen, dass sich Differenzen in der Lieferung abzeichnen. So ist die Anzahl der Lieferungen aus der Ukraine im 1. Quartal 2022 im Vergleich zum 1. Quartal 2021 bereits um ca.40 % gesunken. Nicht zuletzt ist darauf zu verweisen, dass mit Gültigkeit der neuen EU-Öko-Verordnung zum 01.01.2022 für adulte Tiere bei Geflügel und Schweinen 100 %-Biofütterung umzusetzen ist. Gleichzeitig wurde aber auch seitens der Mischfutterherstellerdarauf hingewiesen, dass Bio-Soja noch verfügbar ist.

Der Tierschutz hat im ökologischen Landbau einen hohen Stellenwert. Im Ergebnis einer Stellungnahme des Thünen-Instituts wirkt sich eine Protein-Mangelernährung bei Geflügel und Schweinen negativ auf das Tierwohl von Nutztieren in ökologischer Haltung aus, u.a. Auftreten von Verhaltensstörungen [Federpicken, Kannibalismus, Schwanzbeißen] sowie Entwicklungsstörungen.

Mit Beginn der Ukraine-Krise wurden vom Fachbereich Ökologischer Landbau im LM intensive Gespräche mit den ansässigen Biofuttermittelherstellern in M-V sowie mit Bundesverbänden, u.a. der Gesellschaft für ökologische Tierernährung - GOETE e.V. (Verband der Biofuttermittelhersteller in Deutschland und Europa) zur Versorgungssicherung der landwirtschaftlichen Nutztiere mit Bio-Eiweißfuttermitteln geführt. 

Gemeinsam mit der zuständigen Behörde für ökologischen Landbau in M-V, LALLF wurden Möglichkeiten für ein schnelles Handeln bezogen auf die gegenwärtige Marktsituation erarbeitet. Basierend darauf wurde auf Bundesebene mit dem Land Niedersachsen eine bundesweite Abstimmung auf Initiative des Landes M-V umgesetzt. Im Ergebnis dieser Abstimmung wurde durch die Länderarbeitsgemeinschaft Ökologischer Landbau mit Umlaufbeschluss vom 06.04.2022 den zuständigen Behörden der Länder die Empfehlung ausgesprochen, vorübergehend die bis 31.12.2021 geltende Regelung gemäß Artikel 43 der VO (EG) 889/2008 (bisherige EG-Öko-VO) in der Bio-Geflügel- und Bio-Schweinefütterung inhaltlich wieder anzuwenden. In den Futterrationen werden dann wieder bis zu 5 % nichtökologische/nichtbiologischen Eiweißfuttermitteln beigemischt, bezogen auf die Futtermittel-Trockenmasse landwirtschaftlichen Ursprungs. Diese Empfehlung gilt, bis sich die Versorgungslage grundlegend verbessert, längstens jedoch bis zum 31.12.2022und vorbehaltlich weiterer Regelungen durch den Bund oder die KOM.

Anfang April 2022 informierte das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), dass die KOM einen ersten Entwurf für einen delegierten Rechtsakt erarbeitet hat, der den Behörden der Mitgliedstaaten die Möglichkeit einräumt, Ausnahmen, die für Jungtiere gelten, auch auf ältere Schweine und Geflügel auszudehnen. Die Verordnung soll rückwirkend zum 24.02.2022 gelten. Damit beabsichtigt die KOM dasselbe Vorhaben, wie durch M-V vorgeschlagen worden ist. Offen ist, wann der delegierte Rechtsakt der KOM verabschiedet/veröffentlicht wird bzw. in Kraft tritt.