Bürokratieabbau muss in Gang kommen
Präsidiumsmitglieder fordern im Agrarpolitischen Forum konkrete Maßnahmen
Dokumentationen, Nachweise, Kennzeichnungen – nach wie vor erdrücken überbordende bürokratische Regelungen die Landwirte in MV. Eine Entlastung ist mehr als dringend geboten, wie die Diskussionen im agrarpolitischen Forum des Bauernverbandes MV gezeigt haben. Im Rahmen der Präsidiumssitzung kamen rund 80 Vertreter der Kreis- und Regionalbauernverbände, des Landesverbandes, und der assoziierten Mitglieder zusammen, um mit Vertretern der verschiedenen Parteien im Landtag über aktuelle Herausforderungen zu sprechen. Der Bürokratieabbau stand dabei im Fokus.
So übte Christian Rohlfing, Vorsitzender des Bauernverbandes Nordvorpommern, deutliche Kritik am derzeitigen Stand. Landwirtschaftsminister Dr. Till Backhaus hatte in seinem Impulsvortrag zuvor den Bürokratieabbau unter der Überschrift „Entlastungen für die Landwirtschaft“ mit einem grünen Haken versehen. „Für mich ist der eindeutig rot“, sagte Christian Rohlfing. Als Mutterkuhhalter müsse er „Unmengen an Zeit investieren“, beispielsweise beim Führen der Weidetagebücher. Eine Erleichterung könnte auf Landesebene allein dadurch erreicht werden, dass der Agrarantrag das ganze Jahr über offengehalten wird.
„Dann könnten wir das Weidetagebuch direkt in dem Programm führen und müssten nicht erst alles handschriftlich separat erfassen“, so Rohlfing.
Minister Backhaus stimmte zu, dass in Sachen Entbürokratisierung noch vieles zu tun sei. Die Bundesländer hätten 200 Vorschläge an die Regierung weitergegeben, darauf habe sich in einem ersten Schritt der grüne Haken bezogen. „Aber das als heroischen Entbürokratisierungsprozess zu feiern ist nicht richtig“, so der Minister. „Der muss jetzt in Gang kommen.“ Aus seiner Sicht ist dafür die Digitalisierung der Verwaltung unabdingbar. Beim Agrarantrag gebe es zudem noch immer Schwierigkeiten mit dem technischen Dienstleister, wofür maßgeblich auch die 71 verschiedenen Programme und Kombinationen sei.
„Das ist Irrsinn. Davon müssen wir weg. Das geht auf Dauer nicht“, sagte Dr. Till Backhaus.
Dr. Manfred Leberecht, Vizepräsident des Bauernverbandes MV und Moderator des agrarpolitischen Forums, gab dem Minister Recht und benannte konkrete Ursachen.
„Die Ökoregelungen haben die Agrarantragstellung so verkompliziert, dass wir jetzt sowohl bei den Landwirten als auch bei der Verwaltung einen Kollaps erleben. So kann es nicht weitergehen.“
Der Vizepräsident forderte die Teilnehmenden des Forums auf, einen ganz konkreten Vorschlag zum Bürokratieabbau für die Landwirtschaft zu machen.
Eine prägnante Antwort lieferte Dirk Bruhn von der Partei Die Linke: „Alle Systeme, in denen Daten zweimal erfasst werden, und das Tierkennzeichnungsgesetz könnten mühelos morgen abgeschafft werden“, so der Vertreter des Agrarausschusses. Auf das Tierkennzeichnungsgesetz verwies auch Minister Backhaus (SPD), der bereits vorher deutlich gemacht hatte, dass das Land auch bei der Stoffstrombilanz für eine rigorose Streichung eintrete. Darüber hinaus benannte er Erleichterungen bei Stallneubauten. Wenn ein Stall um 50 Prozent erweitert werde, sollte es die Möglichkeit zu einem vereinfachten Bauverfahren geben. Thomas Diener, Vertreter der CDU, forderte ein „Not-Aus“ für neue bürokratische Belastungen und stellte die Notwendigkeit eines Landes-Klimaschutzgesetzes und die konkreten Ausgestaltungen des Entwurfes zum neuen Landeswassergesetz infrage. Luise Vogeler, die stellvertretend für die erkrankte FDP-Landtagsabgeordnete Sandy van Baal im Podium diskutierte, führte die Digitalisierung als wichtige Maßnahme an. Daten sollten besser, cloudbasierter und idealerweise bundesweit einheitlicher erfasst werden. Das HIT-System biete „eine Menge Spielraum, um Dokumentationen zusammenzufassen“. Darüber hinaus sei die Biomassestrom-Nachhaltigkeits-Verordnung ein Beispiel, wie Vorgaben der EU in Deutschland „übertrieben umgesetzt werden“. Auf den grundsätzlichen Willen zum Bürokratieabbau legte Thore Stein von der AfD den Fokus. In der Legislaturperiode habe es 200 neue bundesrechtliche Dokumentationspflichten für die Landwirtschaft gegeben, nur 20 seien hingegen abgeschafft worden. „Bisher sind die Pläne zur Entbürokratisierung nur Lippenbekenntnisse“, so der Landtagsabgeordnete. Er plädierte für einen liberalen Ansatz beim Unternehmertum. „Man muss entscheiden, welche Tiefe der Regulation der Wirtschaft man möchte.“
Die Präsidiumsmitglieder nutzen die Gelegenheit auch, um weitere Themen anzusprechen. So schlug Johann Tophoff-Kaup, Vorsitzender des Bauernverbandes Rügen, vor, die Pürzelprämie wieder einzuführen, um das ASP-Übertragungs-Risiko zu senken. Bernd Klänhammer aus dem Vorstand des Bauernverbandes Uecker-Randow kritisierte die Wirtschaftsdüngerdatenbank und die Nachhaltigkeitsprüfung. Und Susanne Petersen, Vorsitzende des Landesschaf- und Ziegenzuchtverbandes, forderte eindrücklich einen Verteiler, mit dem Tierhalter im Land im Krisenfalle schnell informiert werden können.