Balance zwischen Ökonomie, Ökologie und sozialen Aspekten einfordern

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"Die Ökonomie muss oben stehen“, machte Bauernpräsident Karsten Trunk auf dem Landesbauerntag bei der MeLa in Mühlengeez klar. „Ohne Ökonomie haben wir keinen Sozialstaat und können uns keine Nachhaltigkeit leisten.“ Eine Politik, die davor die Augen verschließe, betreibe Realitätsverweigerung. Unter dem Titel „Womit werden Landwirte künftig ihr Geld verdienen?“ hatte der Bauernverband MV zur Diskussion ins Festzelt der 33. Fachausstellung für Landwirtschaft, Ernährung und ländliche Perspektiven eingeladen. Auf dem Podium stellten sich Dr. Jan Menkhaus, Referent für Landwirtschaft und Ernährung in der Nordkirche, Dr. Harald Grethe, Humboldt-Universität Berlin und Thinktank Agora Agrar, Dr. Till Backhaus, Minister für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt sowie Bauernpräsident Karsten Trunk den Fragen der Landwirtinnen und Landwirte. Rund 350 Gäste waren der Einladung zum Bauerntag gefolgt und diskutierten über Pachtbedingungen bei Land und Kirche, den Widerspruch zwischen Ernährungssouveränität und Energieproduktion auf landwirtschaftlichen Nutzflächen und über notwendige politische Rahmenbedingungen. Aus Leistungen für die Gewinnung von Bioenergie, für Klima- und Umweltmaßnahmen, Biodiversität, Tierwohl und Lebensmittelerzeugung könne sich „ein breiter Einkommensstrauß“ ergeben, so Dr. Harald Grethe. Auch Paludi-Kultur sei Teil der Zukunft, weil wir die Biomasse zum Beispiel für Verpackung oder Dämmung brauchen.
„Aber die Politik muss diese notwendigen Anforderungen in Rahmenbedingungen übersetzen, unter denen man Geld verdienen kann“, sagte Grethe.
Bauernpräsident Karsten Trunk sieht andere Zweige als die Lebensmittelproduktion vor allem als Diversifizierungsmaßnahme für landwirtschaftliche Betriebe. Es bedarf nicht mehr Gesetze und noch mehr Bürokratie, um natürliche Ressourcen zu schützen. Bereits jetzt erbringen die Landwirte in Mecklenburg-Vorpommern auf fast 400 000 Hektar Ackerfläche Leistungen für die Umwelt. Das Engagement reicht vom Anbau vielfältiger Kulturen bis zur ökologischen Bewirtschaftung. „Wenn wir diesen Weg weiter gehen wollen, brauchen wir tragfähige Finanzierungskonzepte und nicht die Androhung von Strafen“, so Bauernpräsident Trunk. „Es fehlt an politischer Perspektive – wir haben ein Landwirtschaftssterben“, bekräftigte auch Dr. Jan Menkhaus. Das erlebe die Kirche beispielsweise am landwirtschaftlichen Sorgentelefon. Er verwahrte sich dagegen, dass die Kirche als zweitgrößter Verpächter landwirtschaftlicher Nutzfläche in MV den Landwirtinnen und Landwirten immer strengere Vorgaben mache. Weder der Bischof noch die Synode könne frei darüber entscheiden, unter welchen Kriterien Kirchenland verpachtet werden.
„Die Nordkirche habe fast 1000 Kirchengemeinden, über 800 davon besitzen davon Land und jede Gemeinde vor Ort entscheidet frei darüber, wer zu welchen Kriterien den Pachtzuschlag erhält“, so Menkhaus.
Auf Nachfrage aus dem Saal erklärte er sich bereit, auch über den Einsatz von Glyphosat in einem Workshop zu diskutieren. Wer Ansprüche stelle, müsse sich auch selbst hinterfragen. Mit der Verpachtung der 87.000 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche in Landeseigentum solle vor allem der Tierhaltungs- und Veredelungsstandort MV gestärkt werden, sagte Minister Dr. Till Backhaus. Auch kleine Betriebe und junge Landwirtinnen und Landwirten, die vom Neben- in den Haupterwerb einsteigen wollen, solle mit Kriterien wie der Deckelung auf 1500 ha gefördert werden. Priorität habe jedoch die Stabilisierung der Lebensmittelversorgung.
„Extra-Leistungen für Klimaschutz und sauberes Wasser müssen extra bezahlt werden“, so der Minister.
Er stimmte dem Bauernpräsidenten zu, dass es kein Erkenntnis- sondern ein Umsetzungsproblem gebe. Die Gesellschaft müsse Landwirtschaft und ländliche Räume als Priorität setzen. Auch wenn er sowohl den Minister als auch die Ministerpräsidentin bei vielen brennenden Themen auf der Seite der Landwirte sehe, betreibe die Ampelregierung doch eine Agrarpolitik nach Bauchgefühl, beschrieb Bauernpräsident Karsten Trunk die aktuelle Situation. „Ganz gleich ob es um Umweltschutz, die Klimakrise oder Tierwohl geht – bei keinem dieser Themen können sich die Landwirte mit ihrem Wissen, mit ihren Erfahrungen einbringen.“ Der Deutsche Bauernverband habe in seinen Strategiepapieren Wege für den Ackerbau der Zukunft, für Klimaschutz und Tierwohl aufgezeigt.  In politische Entscheidungen fanden diese Vorschläge keinen Eingang. Wie bitter das ist, wird beim geplanten staatlichen Tierwohllabel besonders deutlich. Landwirte, Fleischwirtschaft und Einzelhandel haben mit der Initiative Tierwohl ein erfolgreiches Tierwohllabel am Markt etabliert. Anstatt auf die Potenziale dieses Labels aufzusetzen, geht die Politik einen großen Schritt zurück und setzt auf ein staatliches Tierwohllabel, das dem Verbraucher nur wenig Transparenz bietet und damit kaum Chancen am Markt haben dürfte. „Wer so agiert, handelt scheinheilig.“ Von der Politik fordert der Bauernverband eine wirklich nachhaltige Arbeitsweise, die Ökologie, Ökonomie und soziale Aspekte gleichermaßen berücksichtigt. „Aktuell blendet die Politik den Faktor Ökonomie komplett aus“, sagt Karsten Trunk.
„Deshalb ist der Berufsstand gezwungen, lautstark auf die ökonomischen Folgen einer Ideologie getrieben Agrarpolitik aufmerksam zu machen.“
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Bettina Schipke Pressesprecherin
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